Donnerstag, 30. Juli 2015

Das Leben bleibt anders!

Gefühlte tausend male habe ich in den letzten Wochen einen Blogpost begonnen. Nur um ihn am nächsten Tag wieder in den Mülleimer zu verschieben. Worte, um die man ringen und würgen muss, sind selten gut genug um veröffentlicht zu werden.

Vieles bleibt weiterhin ein Kampf.
Die Krankheit selbst ist dabei nicht einmal das größte Problem. Die ist halt eben da.
Behörden und Mitmenschen sind es, die uns das Leben (manchmal echt unnötig) schwer machen! Und nach wie vor ist es vor allem das Jobcenter, welches bei uns am meisten Kopfschütteln aus löst. Bis zum Jahresende habe ich bestimmt ein Diplom im Widerspruch verfassen erlangt!
Den schwarzen Gürtel in Selbstbeherrschung habe ich bereits, und mache regen Gebrauch von ihm.

Die Situation verändert uns.
Den Gatten, die Kinder, vor allem aber mich!
Der Gatte hängt zwischen den Welten fest. Sein Herz hängt immer noch im alten Job, sein Verstand wartet ungeduldig darauf daß die Rentenversicherung die nötige Umschulung bewilligen möge.
Die Kinder sind erschreckend erwachsenen geworden. Sie sind sehr anspruchslos diesen Sommer, geben sich gegenseitig Halt, streiten nur ganz wenig, und haben ein so enges Geschwisterverhältnis entwickelt das man sonst nur von Zwillingen kennt.
Ich bin weiterhin derjenige, der die ganze Situation trägt. Habe alles im Blick, und manage alles. Manchmal überfordert mich das, oder sorgt für schlaflose Nächte. Es frisst meine Kraft, und kostet mich Lebensfreude, und verursacht weitere ganz persönliche Probleme gegen die ich nun an kämpfen muss. 

Unsere Mitmenschen scheinen zu denken, der Gatte ist gerettet.
Sehen nur den scheinbaren Luxus, daß der Gatte nun immerzu daheim ist.
Daß der Gatte weiterhin unheilbar erkrankt bleibt, daß seine berufliche und unsere finanzielle Situation absolut unsicher ist, und  daß es anstrengend sein kann wenn ein Gatte immerzu daheim ist, wird dabei jedoch nur zu gerne übersehen. Ebenso wie die Tatsache daß der Gatte weiterhin in keinster Weise belastbar ist und somit auch nicht all jene Dinge erledigen kann, welche gesunde Ehemänner während ihres Urlaubs vielleicht schon mal an gehen. Oder die kleinen Rückschläge, die solch eine Erkrankung immer wieder breit hält.

In der Hoffnung neue Wege zu finden, habe ich mich zu einem Coaching entschlossen, an dessen Ende ein sicheres Arbeitsverhältnis stehen sollte.
Die Jobvermittlerin hatte dann bereits nach 30 Minuten Gespräch analysiert, daß wir in unserer Ehe ein "Rollenproblem" hätten und wollte uns bei der Eheberatung sehen. Mag ja sein daß unsere derzeitige Arbeitsverteilung ( 95% von allem ich, und 5% der Gatte) für Außenstehende ungerecht erscheinen mag, aber das haben wir uns so echt nicht ausgesucht! Und anders als unterstellt, leide ich darunter auch nicht.
Außerdem wurde sehr psychologisch ( streng nach Lehrbuch) gearbeitet. Leider passe ich weder mit meiner Persönlichkeit, noch mit unseren Lebensumständen in irgendwelche Schubladen. So hat es dann von meiner Seite aus erst einmal kurz aber heftig zwischen uns gerappelt, bevor konstruktiv und um einiges flexibler weiter gearbeitet werden konnte.

Der Gatte musste bei meinen Erzählungen erst einmal sehr laut und heftig lachen.
Unsere Beziehung zueinander ist, trotz aller Umstände, derzeit so innig und leidenschaftlich wie seit Jahren nicht mehr. Sein Kopfkino:
Wir kommen bei der Eheberatung herein, Liebe und Zusammenhalt aus strahlend, die guten Leute fragen uns warum wir eigentlich da wären, und wir antworten: "Weil die Jobvermittlung meint, wir hätten ein Rollenproblem!"
Die Gesichter wären bestimmt einen Oskar wert!

Immer mehr habe ich das Gefühl, nicht mehr verstanden zu werden.
Immer mehr habe ich das Gefühl, mit meiner Lebenssituation und meinem Empfinden nicht mehr zu dieser Welt zu gehören.
Um mich herum wird diesen Sommer viel zu viel und viel zu ausgiebig über alles und jeden gemeckert, gemault, gejammert, und sich selbst bemitleidet. Über das Wetter, die Öffis, die Spritpreise, den Gesetzgeber, die Gesundheit oder die eigenen Lebensumstände. Ich sitze dann stumm dazwischen und denke mir meinen Teil. Was wohl würden all die Meckerer und Mauler und Jammerer erst sagen, wenn sie ertragen müssten was ich die letzten Monate  hinter mich gebracht habe? Oder in den letzten Jahren, und in meinem gesamten Leben überhaupt!
Statt zu klagen habe ich jedoch begonnen offen und ehrlich zu meinem vermeidlichen Schwächen zu stehen. Ich kann zu geben, daß ich depressiv bin, nicht schlafen kann, mich erschöpft fühle, unter Mangelerscheinungen leide weil ich lange Zeit kaum vernünftig essen konnte, oder mit einer ganzen Reihe psychosomatischer Symptome kämpfe. Und das ganz ohne Wertung.
Ich weiß, früher oder später werde ich all das überwinden und hinter mir lassen. So manch ein Mitmensch jedoch erträgt diese Ehrlichkeit nicht und wendet sich entsetzt von mir ab.

Was mir Kraft gibt, werde ich des öfteren gefragt.
Lange Zeit hatte ich darauf keine passende Antwort. Die Kraft war da, wenn ich sie brauchte.
Was meine Kraft wieder auf füllt, sind derzeit vor allem der Seelenstreichler und Väterchen Rhein. Und meine Fähigkeit trotz der schwierigen Lebensumstände kleine Momente des Glücks und der Zufriedenheit zu empfinden.
Sonnenstrahlen auf der Haut, eine liebe und herzliche Umarmung, Kuscheln mit dem Gatten, Kinderlachen, ein Eis von der Eisdiele, Hilfsangebote um die ich nicht erst bitten muss................. kleine kostbare Momente voller Glück und Kraft, in denen die Zeit einfach mal stehen bleibt damit ich jede Sekunde davon in mir auf nehmen kann.

Der Seelenstreichler hat immer ein offenes Ohr für mich. Versteht, was außer ihm kaum ein anderer verstehen kann. Fängt mich liebevoll auf, sollte ich mental mal wieder ins bodenlose stürzen. Und oftmals genügen schon ein kurzes Lächeln, ein tief gehender Blick, und seine bloße Nähe zu mir, damit ich mich besser fühlen kann.
Und Väterchen Rhein besuche ich so oft wie es eben geht. Oder eben so oft, wie ich es brauche. Egal ob ich dort einfach nur verweile, oder bis zur körperlichen Erschöpfung (davon) laufe, er nimmt mir all meine Sorgen, pustet mir mit seinem stetigen Wind den Kopf frei, und gibt etwas mir von seiner unbändigen Kraft ab.




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